2004 Para Bavaria

Wahre Helden – mit dem Gleitschirm vom Allgäu nach Reichenhall - Mai 2004

… Freitag, 14. Mai 2004: …und der Wetterbericht sieht derweil flugtechnisch noch nicht wirklich rosig für die bevorstehende Woche aus…!
Somit wird die Aufgabe vom Allgäu/Hochgrat nach Bad Reichenhall/Predigtstuhl bzw. Weitwiese wohl als ein weitaus schwieriger Kraftakt zu bewältigen sein wie schon ursprünglich angenommen. Aber wer weiß, ein paar Stunden sind ja noch Zeit… gestartet wird voraussichtlich ja eh erst morgen,…vielleicht…!

Unter den 20 angemeldeten Teilnehmern, befinden sich selbstverständlich auch zwei unserer besten/zähesten Piloten, welche der Gleitschirmclub Albatros zu bieten hat: Knappei und Wegei. Voraussichtlich werden des weiteren 19 engagierte orts-, wind-, und wetterkundige Knechte der jeweiligen Teilnehmer und ich (als selbiges benannt, aber…ja, ich geb ´s ja zu…!) auf dem Weg bzw. in der Luft sein!

Um erst mal einen grob gefächerten überblick über die potentielle Konkurrenz (sorry, wirklich ohne jemanden persönlich angreifen zu wollen, aber: wer schon sollte da in Frage kommen???) zu verschaffen, werden wir uns heut Abend erst mal am Parkplatz des Allgäuer Hausberges treffen.
Mittlerweile bin ich nun doch schon sehr gespannt, ob noch immer alle Teilnehmer willig sind, sich dieser schwierigen Aufgabe (…eine voraussichtlich schier endlose Strecke des Weges per Fußmarsch(???…) zu stellen und sich morgen am Startplatz einfinden.
Bereits beim schweifen lassen meiner Gedanken über den Ausgang des heutigen Abends, drängen sich mir unaufhaltsam Widersprüche dieses sportlichen Events auf und ich kann kaum glauben, dass sich morgen, auch nur noch ein einziger „wirklicher Sportler“ unter den Fliegern (???) befindet. Erfahrungsgemäß stellt sich mir demnach unausweichlich die Frage: Werden Sie dem Genuss des Bieres standhalten können, sich schonen und früh zu Bett gehen, um für den morgigen Tag gerüstet zu sein? Speziell bei dieser besonderen Spezies, schrumpft normalerweise die Willensstärke nahezu ins Bodenlose, je mehr Gleichgesinnte aufeinander treffen. Aber, gerne würde ich meine Erkenntnisse über jene besondere Gattung auffrischen und eines besseren belehrt werden…wir werden sehen!

Samstag 14. Mai 2004:
Bin eines besseren belehrt worden…

  1. Keine Feier
  2. Kein Verschlafen
  3. Kein Frühstücksbie
  4. Pünktliches Meeting
  5. nette Präsente für Teilnehmer und Knechte
  6. strenges Reglement
  7. Zusammenhalt am Startplatz
  8. freundlicher Umgangston
  9. professionelle Pressearbeit
  10. perfekte Organisation

…und ich schwöre bei …, dies ist nichts als die volle bzw. ganze denkwürdige Wahrheit, aber…
zu 1.: Zumindest nicht im eigentlichen Sinn: In Vorfreude auf ein gemütliches Beisammensein am Hochgrat forderte ich alle PS des Knappei Autos heraus um endlich am Ziel unserer trockenen Kehlen anzukommen. Doch schon beim ersten Anblick des Parkplatzes, schwant mir fürchterliches! Wo sind sie geblieben…? Keine grölende Menge oder sagen wir mal, wenigstens ein romantisches Lagerfeuer (mit Imbisseinlage) – nein, nichts, (!!!) noch nicht mal ein paar Kästen Bier waren auf die Ferne auszumachen, welche unserer Ankunft huldigen würden.

Na toll, mein Launenbarometer fällt kurzzeitig auf den Tiefpunkt. Doch da, nach nahezu endlosen Sekunden des Verzweifelns, ein Lichtblick - die Scheinwerfer unseres Vehikels erfassen ein Fliegermobil (Peter und Madeleine) am anderem Ende des Parkplatzes. Erleichtert (über Geselligkeit) und Hände schüttelnd, öffneten wir unsere erste Halbe.
Ein einziges weiteres Team (Markus und Uwe) fand sich an diesem Abend – wohl auf ähnliche Weise am Hochgrat ein. Aber auch sie waren nicht minder gesellig und frönten mit uns den Konsum des Bieres.
zu 2.: Knappei sicher nicht…
zu 3.: Wie langweilig, auch dies stimmt!
zu 4.: Tatsache! Pünktlich allerdings nur, da die Mehrheit des fliegenden (oder auch nicht fliegenden) Volkes, den wahnsinnig langen Fußmarsch von mind. 5 min nicht auf sich nehmen wollte und auf Pfiff/Ruf (ja, kann es selber kaum glauben, aber ich hab wirklich eine zartes Stimmchen dagegen) einer der Organisatoren allesamt ins Auto stiegen, um nach der nächsten Kurve wieder zu parken – dies alles wohl um die oberste Instanz des Wettbewerbes nicht schon jetzt mürbe zu stimmen.
zu 5.: ne Tüte voller Müsli, einen Rucksack (klitzeGross), je ein T-Shirt (übrigens in gelb) und zwei Steinen (meiner stärkt den Willen und die Belastbarkeit…);
zu 6.: ja!
zu 7.: In Knappeis Augen wohl eher ein wenig unfreiwillig. In Anbetracht auf die bevorstehenden beschwernisreichen Tage, hatte unser Held eigentlich vor, den aufkommenden Trubel, aus gesicherter Entfernung und in der Sonne liegend zu betrachten.
Dies wurde aber durch ein jäh aufkommendes GPS – Treiben unterbrochen, in welchem er den Lehr- und Koordinatenmeister spielen musste.
zu 8.: stimmt auch – ganz anders wie manchmal daheim
zu 9.: sogar ein Presseflugzeug kreiste über dem Startplatz…
zu 10.: Nochmal ein Lob an die Organisatoren

Nachdem das Wetter wirklich genial (Südstartplatz) zu werden schien, wurden die ersten Dummys in die Luft geschickt. Nach öffnung des Startfensters um 11.30 Uhr legten nun auch die ersten angemeldeten Piloten aus. Doch die uns bekannten Flieger (unter anderem auch ein paar Allgäuer) hatten wohl scheinbar immer noch keine Eile – sehr zum Verwundern des Hinzi´s, der schon alle anspornte, da sogar schon Balu (Super Start – und echt a guade Landung > Dolomiten!!!) weit über unserem Starplatz kreiste!
Schließlich aber packte auch den Knappei und Wegei das Fliegerfieber, doch was soll das? Da blockieren doch glatt ein paar andere einfach den Startplatz.
Wohl um Zeit zu sparen, packten sie ihre Ausrüstung kurz entschlossen zusammen, um ein paar Meter weiter neben dem Geschehen auszulegen. Doch sie machten die Rechnung leider ohne den Wind, welcher des öfteren drehte und ihnen ein Starten an diesem Platz unmöglich zu machen schien. Also zurück wieder an den offiziellen Startplatz…! Wer Knappei kennt, weiß…!
Doch endlich war er draußen, hatte aufgedreht und wart nicht mehr zu sehen. Alle Teilnehmer, waren bereits in der Luft und so machten sich die fliegenden Knechte ebenfalls fertig. Der Wind war mittlerweile eher schlecht (teilweise leichter Rückenwind) als Recht!
Doch was war das nun wieder? Wegei kam des Weges um ein zweites Mal sein Glück zu probieren. Beim ersten Start (so wurde mir berichtet) kam er wohl nicht über den Grad bzw. war sich nicht sicher, ob er Thermikanschluss finden würde und landete kurz entschlossen wieder an der Bergstation ein – Gehweg zum Startplatz wieder steile 15 Min ca.!

Am Landeplatz angelangt, beobachteten wir schließlich das Treiben und rechneten uns eigentlich nicht mehr all zu hohe Chancen für den Wegei aus. Abends im Wirtshaus in Hindelang erfuhren wir, er war kurz vor der Miemingerkette in Biberwier gelandet! Wir alle konnten dies wirklich kaum glauben, so unwahrscheinlich schien dies zu sein.
Knappei war wohl im Gunzesrieder Tal gelandet, um abermals einen Berg zu besteigen und im Gleitflug bis nach Ofterschwang zu kommen. Zu Fuß marschierte er weiter nach Hindelang (wo sich der Großteil einfand) um nach einem kurzen Zwischenstopp (kein Bier) weiter nach Thannheim zu marschieren, wo wir schließlich auch nächtigten.

Sonntag 16. Mai:
Es schüttete, was nur ging…

Dies nun wurde wohl der beschwerlichste Teil dieses Irrsinns! Frühmorgens (ca. 7.15 Uhr) bereits, machte sich Knappei daran einen Fußmarsch von wohl über 50 km in Angriff zu nehmen. Zu unser allem Glück jedoch, gabelte er bereits ein paar Meter weiter einen Gefährten (bösen Schöllhorn – trinkt mehr Weizen, als der brave!) auf, welcher gewillt war, sein Leid zu teilen.
Mittags dann, trafen wir uns schließlich in Bichlbach, um sie mit dem nötigsten (trockene Kleidung, Stirnlampe…) zu versorgen und um ihnen beim Wirt ein paar aufbauende Worte zuzusprechen - ihre Motivation wieder etwas zu steigern, so dass sie tatsächlich Beide, den nun wohl weitaus beschwerlicheren Weg in Angriff nahmen: über Ehrwald (Anstieg nochmals ca. 500 Höhenmeter/3Std Gehzeit ca.) nach Klamm, in der Nähe von Seefeld.
Womit wir zwei Knechte (Mobbes und ich) endlich wieder über einige Stunden Freizeit verfügten und kurzerhand wieder das Mittelfeld aufsuchten, um abermals in einer Kneipe einzukehren. Für uns beide war von diesem Zeitpunkt ab klar: Ein nächstes Mal, gibt es nur, wenn wir nicht so ambitionierte Teilnehmer zugeteilt bekommen und wir somit bleiben können, wo die Party abgeht!

Wie dem auch sei, die Stunden vergingen und wir machten uns schließlich – schweren Herzens - daran, die gut 11/2 Stunden Fahrt auf uns zu nehmen und an den idyllischen Zielpunkt (keine Kneipe weit und breit, 1200 m Höhe, Gebirgsbach = saukalt) der Beiden zu gelangen.
Fast zur gleichen Zeit (perfektes Timing) trafen wir wieder aufeinander und lauschten noch etwas den Strapazen und Leiden der zwei Helden. Wegei war angeblich wohl bis Innsbruck vorgedrungen, um am nächsten Morgen schließlich die Seegrube (Joker fällt aus - Bahn geschlossen) besteigen zu können. Näheres ist mir bis dato leider auch unbekannt.

Montag 17. Mai:
Wieder kein Knappei und böser Schöllhorn mehr da, bis ich mich endlich dazu durchringen kann, die Augen zu öffnen und die Sonne mich aus meinen Träumen reißt. Mein Kompagnon hatte mittlerweile auch umgeparkt um in der Sonne zu stehen (dachte schon, mich haben alle verlassen!) und sich an deren Strahlen etwas zu wärmen.

Die anderen Zwei, waren scheinbar bereits wieder seit ca. 7.00 Uhr auf den Beinen um nach einem ausgiebigen Frühstück (Müsliriegel und Wasser) die Gehrenspitze zu beisteigen. Die ganzen Strapazen nur, um nach ca. 3 Stunden Aufstieg etwa 3 km (Knappei) vom Ausgangspunkt entfernt, zu stehen. Wie sie berichteten, befanden sie sich wohl in einem großen Rotor - bzw. der Wind kam von allen Seiten, so dass man sagen könnte, der Start an sich, wurde bereits zu einer richtigen Herausforderung!!!
Nachdem Knappei sich im Lee versenkte und kurz vor Seefeld (Leutasch) wieder landete, zeigte er somit dem bösen Schöllhorn wo dieser nicht zu fliegen hatte. Schöllhorn kam infolgedessen noch ein paar Kilometer weiter, welche Knappei aber mit einem abermaligen Spaziergang zu unserem Basislager (endlich ein Zeltplatz mit Dusche) kurz vor Innsbruck (wo uns bereits Günni und Sabine erwarteten) wieder zunichte machte. Günni berichtet uns derweil, dass der Wegei wohl an der Seegrube gestartet, in Jenbach gelandet und mittlerweile wieder per Fußmarsch Richtung Hohe Salve/Wilder Kaiser unterwegs war.

Dienstag 18. Mai:
…mmmmh, ausgiebigste Dusche und anschließendes Frühstück mit Mobbes, Günni und Sabine gegönnt. Die Welt scheint, zumindest für uns, wieder in Ordnung zu sein. Unsere Kämpfer waren bereits mit dem Aufstieg auf die Seegrube beschäftigt.

Wir (Mobbes und ich) zogen es vor, uns gemütlich per Auto Richtung Achensee zu begeben und die dort laufende Bahn (eine der wenigen) zur Gipfelbezwingung bzw. anschließendem Flug in Anspruch zu nehmen. Nach einem netten Wandertag, mussten wir allerdings selbige wieder besteigen, aus Sorge ansonsten nicht heil im Tal anzukommen – starker, böiger Nordwest-Wind.
Kurz nachdem Mobbes wieder in Besitz seines Schirmes kam – ich weiß nicht recht, wollte er Entsorgungskosten sparen oder hatte er ihn tatsächlich liegen lassen (???) – sahen wir vom See aus, wo wir gerade mal wieder pausierten, Schöllhorn und Knappei über dem Rofan aufdrehen.

Aufbruchstimmung machte sich breit und wir fuhren unseren Helden entgegen, um rechtzeitig bei ihrer Landung anzukommen und sie mit dem Nötigsten zu versorgen. So, nun trennte sich endgültig der Spreu vom Weizen, oder besser gesagt: vom wirklich Wahnsinnigen (sorry, echt nicht böse gemeint) zum Geläuterten!
Nachdem wir in Erfahrung brachten, dass die ersten drei Plätze schon so gut wie vergeben waren, suchte Schöllhorn in St. Leonhard (kurz vor Kundl), wo er auch gelandet war, die nächste Kneipe mit seinem Knecht auf, um anschließend ins Auto zu steigen und morgen in Kössen auf schönes Wetter und eine gemütliche Bahn zu hoffen.

Knappei war 2 km östlich von Kramsach gelandet und bereits wieder zu Fuß, Richtung Kufstein unterwegs.
Auf dem Weg dorthin, gabelte ich ihn noch auf der Straße auf, Um nach dem Rechten zu sehen und begab mich anschließend auch weiter nach Kössen, um dort auf Knappei zu warten. Wieder etliche Stunden Fußmarsch…(ging die ganze Nacht hindurch!)
Er konnte den Wettkampf noch immer nicht auf sich beruhen lassen…!Wegei, flog derweil von der Hohen Salve bis kurz nach St. Johann, ging südlich von Kössen einen Berg hinauf, um im Gleitflug noch bis kurz vor Waidring zu gelangen. Den Rest marschierte er, in Begleitung von Klausi, bis tief in die Nacht. Am Ziel angekommen – welches mit Fackeln hell erleuchtet war, warteten trotz später Stunde (3.15 Uhr ca.), der Günni, die Sabine, der Wiebei und einige andere um den Gewinnern als erstes die Hand schütteln zu können.

Mittwoch 19. Mai:
…yeah, wieder zu Hause - danke Knappei für den Verzicht des Versuches,auch den Rest der Strecke noch per Flug oder Fußmarsch zurück zu legen.
Endlich Party….Die ersten zwei Plätze belegten zwei Fluglehrer aus dem Allgäu, welche die Strecke vom Hochgrat über den Walberg zum zahmen Kaiser nach Reichenhall wählten.Wegei erreichte nach einem wirklich harten Kampf, den 3. Platz.Gratulation an die ersten Drei und natürlich auch an den Rest der Teilnehmer, die sich dieser Herausforderung stellten.

Auuuuuuu
Angie

Wegscheider, Thomas
Track von Thomas Wegscheider
Knapp, Martin
Track von Martin Knapp